MEHR DENN JE.

Im Jänner 1991 erblickte ich das Licht der Welt. Nur wenige Monate zuvor erfolgte die Geburtsstunde des österreichischen Frauenfußball-Nationalteams. Die Herren absolvierten ihr erstes Länderspiel 1902. Nun, 30 Jahre später und im 21. Jahrhundert angekommen, würde man grundsätzlich vermuten, dass diverse Ungleichheiten und Dysbalancen zwischen dem Männer- und Frauenfußball längst der Vergangenheit angehören. Während meine männlichen Fußballkollegen mit ihren Partnerinnen und Kindern von Land zu Land ziehen, kann ich das bestenfalls mit meiner Partnerin machen. An die Tatsache, dass es für Fußballerinnen nahezu mit einem Karriereende verbunden ist, ein Kind zu bekommen, hat man sich fast schon so gewöhnt, dass man nahezu vergisst, wie weit entfernt wir von Emanzipation und Gleichberechtigung sind.

Dazu kommt seit einem Jahr Corona-Krise. Diese Pandemie offenbart die Ungleichheiten zwischen Frauen und Männer mehr denn je. Viele Frauen arbeiten in systemrelevanten und zugleich unterbezahlten Berufen. Aktuell leiden Frauen nicht nur unter den Einkommensbußen, sondern erfahren zudem Freistellung, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. Mal abgesehen davon, dass sie in der Regel die Haus- und Familienarbeit zu übernehmen haben. Doch wir Frauen wollen kein Mitleid, auch keinen Applaus. Wir wollen endlich Anerkennung. Mehr denn je. Unter dem diesjährigen Motto #ChooseToChallenge möchte auch ich unsere Gesellschaft herausfordern, indem ich meine Stimme erheben. Ich will für Frauen einstehen. Wenn du als Mädchen auf dieser Welt geboren wirst, strebst du in erster Linie nach Anerkennung und Freiheit. Nach Meinungsfreiheit, Bildungsfreiheit, Berufsfreiheit und Entscheidungsfreiheit. Der Freiheit nach der Entscheidung, was mit unserem Körper passiert. Wir wollen akzeptiert und geliebt werden dafür, wer wir sind. Niemand entscheidet sich, weniger zu sein als andere. Aber es sind andere mit mehr Macht, die entscheiden, mehr zu sein. In dieser Welt herrscht Ungleichheit aufgrund einer Dysbalance von Macht, vor allem wenn es um Männer und Frauen geht. Daher sollte der Fokus nicht darauf liegen, Macht von Männern wegzunehmen, sondern Frauen mehr Macht zu geben. Mehr denn je.

Als einziges Mädchen im Fußball unter vielen Jungs wurde ich oft mit Vorurteilen konfrontiert. Es wurde mit Fingern auf mich gezeigt, ich wurde ausgelacht und mir wurde oft gesagt, dass das kein Sport für mich sei und ich darin keine Zukunft hätte. Aber ich habe
tief in mir gespürt, dass ein schwerer Weg auch ein schöner Weg sein kann. Dass der Tag kommen wird, an dem ich merken werde, dass es sich gelohnt hat. Und diese Tage sind schon mehrfach für mich gekommen. Und ich bin noch nicht am Ende. Wir sind noch nicht am Ende.

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